„Wetter 1910. Vom 8. bis 10. Juli fand das Grenzegangsfest statt. Der Königliche Landrat hatte an den drei Tagen von nachmittags 3 Uhr bis abends 12 Uhr öffentliche Tanzbelustigung genehmigt. Die Kapelle Ludwig Henkel aus Weifenbach lieferte die Musik. Für das leibliche Wohl sorgten der Wirt Heinrich Schäfer und der Bierverleger Schwarz. Karussellbesitzer Rudolph aus Kassel erfreute Jung und Alt mit einem Doppelkarussell, einer Schießbude und einem Schlaghammer. Den Festzug durch die Straßen der Stadt bildeten die Schuljugend, der Festausschuss, die Vereine und die Musik.“ (von Georg Brössel aus der Festschrift zum Grenzegang 2015)

Historie

Bereits aus dem Jahr 1239 kennen wir die Grenzbeschreibung des „Weichbildes“ von Wetter. Dort werden landschaftliche Orientierungspunkte wie Gräben, Bäume und Mühlen genannt. Mit dem 15. Jahrhundert kommen Grenzsteine als Markierungszeichen hinzu. 

In der Grenzbeschreibung von 1783 wird ganz ähnlich wie im 13. Jahrhundert verfahren, wobei die über 80 aufgeführten Grenzsteine auffallen. Doch das dürfte nicht von ungefähr sein, denn die Grenzsteine mit den eingemeißelten Hoheitszeichen waren zu den wichtigsten Markierungen geworden, die unverletzlich waren. Unerlaubt durften sie weder versetzt noch entfernt werden. Aber wie uns die Geschichte zeigt, wurden sie gerade zum Zankapfel der Gemeinden. Daher wurde seit dem 16. Jahrhundert zunächst jährlich vom Schulzen und seinen Ratsherren die Grenzen abgegangen.

Grenzbegehung mit Musik

Später kam alle sieben Jahre der „große Grenzumgang“ hinzu, der von einer größeren Kommission unternommen wurde. Nachdem der Grenzverlauf in einer Karte festgehalten und die Kataster erstellt worden waren, nahm das Interesse, die Grenzen abzugehen, ab. So wurde 1860 Bürgermeister Winneberger von Wetter mehrfach von der Regierung aufgefordert, doch den fälligen Grenzgang durchzuführen. Aber die Wetteraner dachten nicht daran, sie suchten nach Ausreden, wie „die Ernte wäre noch nicht rein“ oder „die Wiesen wären zu naß“.

Erst am 12. und 13. September 1861 bequemte man sich, „die Grenzbegehung der hiesigen Gemarkung“ auszuführen, allerdings mit Musik, „da möglicherweise die jungen Leute einen Tanz veranstalten“. Da man sich von behördlicher Seite über die Musik wunderte, fragte man nach, ob das üblich sei. Die lakonische Antwort war: Dies sei nach den Wetterschen Akten vom Juli 1756 üblich.

„Auf den Stein heben“ ist heute noch Brauch

Von 1574 – also vor über 400 Jahren – besitzen wir den ersten schriftlichen Nachweis, dass „nach dem alten…Gebrauch und Herkommen“ die Grenze abgegangen und diese „mit Aufwürfen und Steinen bezeichnet“ wurde. Anlass für den Bericht waren Grenzstreitigkeiten mit der Gemeinde Münchhausen. Wenn ein Stein unerlaubt versetzt worden war, wurde er wieder an die alte Stelle gesetzt; auch erneuerte der Steinmetz das Hoheitszeichen an allen markanten Steinen.

Um die Standfestigkeit der Grenzsteine zu überprüfen, wurde ein Schultheiß oder ein Ratsschöffe auf den Stein gestellt; daraus entstand: „Er wurde auf den Stein gehoben“, wie es bis heute Brauch geblieben ist.

Freitag, 12. August 2022

Für echte Wettersche und Honoratioren der Stadt ist es eine große Ehre, alle sieben Jahre aufgerufen und von den Läufern „Auf den Stein gehoben“ zu werden. 

So werden am Freitag am ersten Stein in der Krimme, nachdem der Bürgermeister dem ältesten Schüler eine Backpfeife verpasst hat, zunächst unser Bürgermeister, dann unser Landrat/Landrätin (bzw. Vertreter), unsere Bundestags- und Landtagsabgeordnete, Stadtverordnete, die Bürgermeister unserer Partnerstädte sowie der Vorstand des Grenzegangsausschusses, Landwirte der Gemarkung und Bürger aufgerufen. Weitere markante Grenzsteine sind der Amönauer, auf dem Frühstücksplatz, Sterzhäuser, Goßfeldener und der Niederwettersche Stein. 

Samstag, 13. August 2022

Am Samstag werden am Todenhäuser Stein nach dem Verlesen des „Weistums von Wetter“ zunächst der Ortsvorsteher von Todenhausen und dann alle Wetterschen Ärzte, Apotheker, Rechtsanwälte sowie Bürger aufgerufen, sich an den Stein zu begeben. Gehoben wird außerdem auch am Mellnauer und Oberrospher Grenzstein, auf dem Frühstücksplatz und zuletzt wieder am Niederwetterschen Stein.

Mit einem Fanfarensignal lassen die Läufer die Aufgerufenen dreimal „Hochleben“. Anschließend geben die so Geehrten gerne einen Obolus an die Stadtkasse zur Unterstützung des Grenzegangfestes und ein Trinkgeld an die Läufer, die an den beiden Tagen echte Schwerstarbeit leisten.  

Programm

Alles rund um das Fest findest du in unserem praktischen Pocket-Guide, dem Faltplan für die Hosentasche. Darin ist das Programm, ein Stadtplan mit allen wichtigen Orten und vielen weiteren Infos zum Fest zu finden. Zum Pocket-Guide

Das reine Grenzegang-Programm mit dem Grußwort von Bürgermeister Kai-Uwe Spanka und der Vorsitzenden des Grenzegangvorstands Dr. Martina Kepper ist hier als PDF zu finden.

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